Zusammenfassung des Urteils B 2015/322: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Voraussetzung, keine Konkurs- oder Pfändungsverfahren in den letzten fünf Jahren gehabt zu haben, für die Erteilung einer Taxibetriebsbewilligung die Wirtschaftsfreiheit verletzt. Der Beschwerdegegner, X.Y., hatte offene Verlustscheine und Betreibungsbegehren. Die Politische Gemeinde St. Gallen legte Beschwerde ein, nachdem das Volkswirtschaftsdepartement den Rekurs von X.Y. gegen den Bewilligungsentzug gutgeheissen hatte. Das Gericht entschied zugunsten von X.Y., da die Regelung einen unzulässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit darstellt. Kosten des Verfahrens: CHF 1‘500 für die Beschwerdeführerin, Entschädigung für den Beschwerdegegner: CHF 1‘560.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2015/322 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 28.09.2017 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Gewerbebewilligung, Art. 27 und Art. 50 Abs. 1 BV, Art. 5 Abs. 1 lit. c des Taxireglements der Stadt St. Gallen, Art. 1c lit. a des Vollzugsreglements zum Taxireglement.Die Erteilung der Taxihalterbewilligung davon abhängig zu machen, dass der Bewerber in den vergangenen fünf Jahren nicht in Konkurs gefallen und nicht fruchtlos gepfändet worden ist, verletzt die Wirtschaftsfreiheit (Verwaltungsgericht, B 2015/322). |
Schlagwörter: | Gemeinde; Recht; Taxireglement; Bewilligung; Beschwerdegegner; Betrieb; Stadt; Wirtschaftsfreiheit; Vollzug; Voraussetzung; Gallen; Konkurs; Entscheid; Schutz; Ingress; Verhältnis; Verwaltungsgericht; Entzug; Interesse; Bundes; Taxibetrieb; Kunde; Erteilung; Taxibetriebsbewilligung; Verfahren; Taxihalter; Erwägung; Kunden |
Rechtsnorm: | Art. 26 KG ;Art. 27 BV ;Art. 36 BV ;Art. 50 BV ;Art. 82 BV ;Art. 94 BV ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 265; 121 I 129; 125 I 322; 125 I 335; 135 I 233; 138 I 242; 99 Ia 389; |
Kommentar: | Etter, Kieser, Hand, Bern, Art. 36 DBG, 2006 |
Die Erteilung der Taxihalterbewilligung davon abhängig zu machen, dass der Bewerber in den vergangenen fünf Jahren nicht in Konkurs gefallen und nicht fruchtlos gepfändet worden ist, verletzt die Wirtschaftsfreiheit (Verwaltungsgericht, B 2015/322).
Entscheid vom 28. September 2017
Besetzung
Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Reiter, Verwaltungsrichter Zogg; Gerichtsschreiber Scherrer
Verfahrensbeteiligte
Politische Gemeinde St. Gallen, Stadtrat, 9001 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,
gegen
Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen, Davidstrasse 35, 9001 St.
Gallen, Vorinstanz, und
X.Y.,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Eugen Koller, St. Jakob Strasse 37, 9000 St.
Gallen,
Gegenstand
Entzug der Taxibetriebsbewilligung A
Das Verwaltungsgericht stellt fest:
X.Y. besitzt seit 2. Juli 2001 die Bewilligung zum Betrieb eines Taxis mit Berechtigung zur Benützung der öffentlichen Standplätze auf dem Gebiet der Stadt St. Gallen. Nachdem die Stadtpolizei im Jahr 2014 festgestellt hatte, dass gegen ihn mehrere Betreibungsbegehren und offene Verlustscheine über rund CHF 36‘000
vorlagen, eröffnete sie ein Verfahren zum Entzug der Bewilligung. Das Verfahren wurde am 28. April 2014 sistiert und X.Y. aufgefordert, bis 31. Oktober 2014 die Befriedigung seiner Gläubiger nachzuweisen. Am 6. November 2014 wies er monatliche Zahlungen von CHF 500 – insgesamt CHF 2‘000 – an das Betreibungsamt nach. Mittlerweile lagen offene Verlustscheine über knapp CHF 50‘000 vor. Das Entzugsverfahren blieb weiter sistiert. X.Y. leistete am 19. Februar 2015 dem Betreibungsamt eine Depotzahlung von CHF 20‘000. Die weiteren monatlichen Ratenzahlungen von CHF 500 wies er nicht mehr nach. Am 31. März 2015 bestanden noch offene Verlustscheine über knapp
CHF 39‘000 und offene Forderungen über etwas mehr als CHF 70‘000. Wegen monatlicher Ratenzahlung von CHF 800 für einen Fahrzeugkredit war X.Y. eine weitere Schuldenrückzahlung nicht mehr möglich. Obwohl er im August 2015 die monatliche Rückzahlung von CHF 500 wieder aufgenommen hatte, entzog ihm die Stadtpolizei
St. Gallen mit Verfügung vom 26. August 2015 die Bewilligung für den Betrieb des
Taxis.
Das Volkswirtschaftsdepartement hiess den von X.Y. gegen den Bewilligungsentzug erhobenen Rekurs mit Entscheid vom 9. Dezember 2015 im Wesentlichen mit der Begründung gut, es fehle an einem öffentlichen Interesse, die Bewilligung für den Betrieb eines Taxis davon abhängig zu machen, dass der Betreiber weder fruchtlos gepfändet worden sei noch Verlustscheine gegen ihn vorlägen.
Die Politische Gemeinde St. Gallen (Beschwerdeführer) erhob gegen den Rekursentscheid des Volkswirtschaftsdepartements (Vorinstanz) vom 9. Dezember 2015 (versandt am 10. Dezember 2015) mit Eingabe 18. Dezember 2015 und Ergänzung vom 23. Februar 2016 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Rechtsbegehren, unter Kosten- und Entschädigungsfolge sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und X.Y. (Beschwerdegegner) zu verpflichten, die Kosten des Rekursverfahrens zu tragen, eventualiter sei das Verfahren zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Mit Vernehmlassung vom 17. März 2016 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdegegner beantragte mit Vernehmlassung seines Rechtsvertreters vom 30. März 2016, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen. Die Beschwerdeführerin nahm am 3. Mai 2016 Stellung zu den Vernehmlassungen. Sie reichte eine Mitteilung des Beschwerdegegners an die Stadtpolizei zu den Akten, wonach er seit 1. Mai 2014 einen vollamtlichen Taxichauffeur angestellt habe. Die Eingabe und das neue Beweismittel wurden der Vorinstanz und dem Beschwerdegegner am 9. Mai 2016 zur Kenntnis gebracht.
Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge und die Akten wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.
Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Mit dem angefochtenen Rekursentscheid wurde die Verfügung der Beschwerdeführerin, mit welcher sie dem Beschwerdegegner die Taxibetriebsbewilligung entzog, aufgehoben. Indem sie vor Verwaltungsgericht eine Verletzung ihrer Gemeindeautonomie geltend macht, tut sie ein schutzwürdiges Interesse dar und ist dementsprechend zur Erhebung der Beschwerde befugt (vgl. Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP; Cavelti/ Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, 2. Aufl. 2003, Rz. 448). Die Beschwerde gegen den am 10. Dezember 2015 versandten Rekursentscheid wurde mit vom Stadtpräsidenten unterzeichneter Eingabe vom 18. Dezember 2015 rechtzeitig erhoben und erfüllt zusammen mit der namens des Stadtrates eingereichten Ergänzung vom 23. Februar 2016 in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP;
Art. 89 Abs. 1 und Art. 90 des Gemeindegesetzes, sGS 151.2, GG; Art. 25 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Stadtrats, sRS 173.1). Auf die Beschwerde ist dementsprechend einzutreten.
In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass gegen den Beschwerdegegner gemäss Auskunft des Betreibungsamts vom 18. September 2015 offene Verlustscheine über knapp CHF 38‘600 und ein Zahlungsbefehl über knapp CHF 1‘800 bestanden
(act. 12-6/21+22). Umstritten ist, ob es dieser Umstand rechtfertigt, dem Beschwerdegegner die Taxibetriebsbewilligung zu entziehen, und ob der vorinstanzliche Entscheid, mit welchem die Entzugsverfügung aufgehoben wurde, die Beschwerdeführerin in ihrer Autonomie verletzt.
Art. 50 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, BV) gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale (oder eidgenössische) Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (vgl. BGer 2C_274/2014 vom 29. Juli 2014 E. 2.1 mit Hinweisen auf BGE 138 I 242 E. 5.2, 136 I 395 E. 3.2.1, 265 E. 2.1, 135 I 233
E. 2.2 je mit weiteren Hinweisen). Art. 89 der Kantonsverfassung (sGS 111.1, KV) regelt die Gemeindeautonomie. Danach ist die Gemeinde autonom, soweit das Gesetz ihre Entscheidungsfreiheit nicht einschränkt (Abs. 1). In der Rechtsetzung hat die Gemeinde Entscheidungsfreiheit, wenn das Gesetz keine abschliessende Regelung trifft die Gemeinde ausdrücklich zur Rechtsetzung ermächtigt (Abs. 2). Nach Art. 90 KV erfüllt die Gemeinde die Aufgaben, die der Kanton ihr durch Verfassung und Gesetz zuweist, sowie im Rahmen ihrer Autonomie Aufgaben, die sie im öffentlichen Interesse selbst wählt. Gemäss Art. 3 Abs. 1 GG setzt die Gemeinde Recht durch die Gemeindeordnung sowie durch Reglemente und Vereinbarungen (Satz 1), welche allgemein verbindlich Rechte und Pflichten der Gemeinde und der Bürgerinnen und Bürger sowie die Organisation der Behörden regelt (Satz 2).
Die Verfahrensbeteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Beschwerdeführerin zur Regelung des Taxigewerbes auf ihrem Gemeindegebiet befugt ist und ihr sowohl bei der Ausgestaltung als auch bei der Auslegung und Anwendung der Rechtsgrundlagen mangels Vorgaben im Bundesrecht – das Strassenverkehrsrecht des Bundes umfasst in Übereinstimmung mit Art. 82 Abs. 1 BV keine gewerbepolizeilichen Vorschriften über das Autotransportgewerbe (vgl. BGE 99 Ia 389
E. 2; R. Schaffhauser, in: Ehrenzeller/Schindler/ Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, N 2 zu Art. 82 BV) – und im kantonalen Recht – das kantonale Strassengesetz (sGS 732.1, StrG) regelt vorab den Bau, den Unterhalt und die Benutzung der öffentlichen Strassen und enthält ebenfalls keine gewerbepolizeilichen Vorschriften – eine erhebliche Entscheidungsfreiheit zukommt. Gemäss Art. 26 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SR 281.1, SchKG) können die Kantone, soweit nicht Bundesrecht anwendbar ist, an die fruchtlose Pfändung und die Konkurseröffnung öffentlich-rechtliche Folgen (wie Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, zur Ausübung bewilligungspflichtiger Berufe und Tätigkeiten) knüpfen; ausgeschlossen sind die Einstellung im Stimmrecht und im aktiven Wahlrecht sowie die Publikation der Verlustscheine. In der Literatur wird darauf hingewiesen, auf kantonaler Ebene würden insbesondere noch im Taxi- und Gastgewerbe geordnete finanzielle Verhältnisse verlangt (vgl. E. Muster, in: D. Hunkeler [Hrsg.], Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N 11 zu Art. 26 SchKG).
Wer auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin einen Taxibetrieb führen will, benötigt gemäss Art. 3 Abs. 1 des Taxireglements (sRS 713.1) eine – persönliche und nicht übertragbare – Betriebsbewilligung. Sie wird entsprechend Art. 5 Abs. 1 Ingress und lit. c des Taxireglements erteilt, wenn der Bewerber Gewähr bietet für eine einwandfreie Erfüllung der übernommenen Tätigkeit, insbesondere für eine vorschriftsgemässe Geschäftsführung. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr erfüllt, wird die Bewilligung entzogen (Art. 8 Abs. 1 Taxireglement). Art. 1c Ingress und lit. a des Reglements des Stadtrats zum Vollzug des Taxireglements (nachfolgend Vollzugsreglement) konkretisiert die Voraussetzung der Gewähr für eine einwandfreie Erfüllung der übernommenen Tätigkeit, insbesondere für eine vorschriftsgemässe Geschäftsführung gemäss Art. 5 Abs. 1 Ingress und lit. c Taxireglement hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Taxibetreibers. Danach kann die Betriebsbewilligung
nicht erteilt werden, wenn der Gesuchsteller in den letzten fünf Jahren in Konkurs geraten ist bei ihm eine fruchtlose Pfändung vollzogen worden ist. Dass der Beschwerdegegner diese Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebsbewilligung für Taxi nicht mehr erfüllt und die einschlägigen kommunalen Vorschriften im Taxireglement und in der dazu ergangenen Vollzugsverordnung den ermessensweisen Entzug der Taxibetriebsbewilligung zulassen, ist offensichtlich und unbestritten.
Die Gemeindeautonomie, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, wird insbesondere durch die in Art. 27 BV und Art. 2 Ingress und lit. u KV verfassungsrechtlich geschützte Wirtschaftsfreiheit begrenzt. Zu prüfen ist vor diesem Hintergrund, ob die Vorinstanz die Wirtschaftsfreiheit, auf die sich der Beschwerdegegner beruft, im Autonomiebereich der Beschwerdeführerin ohne Rechtsverletzung angewendet hat.
Art. 27 BV gewährleistet den Schutz der Wirtschaftsfreiheit (Abs. 1), welche insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung umfasst (Abs. 2). Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, insbesondere auch Massnahmen, die sich gegen den Wettbewerb richten, sind gemäss Art. 94 Abs. 4 BV nur zulässig, wenn sie in der Bundesverfassung vorgesehen durch kantonale Regalrechte begründet sind. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unbestritten, dass die Tätigkeit als Taxihalter in den Geltungsbereich der Wirtschaftsfreiheit gemäss Art. 27 BV fällt und die polizeilich begründete Bewilligungspflicht keine Abweichung vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit darstellt (vgl. BGE 121 I 129 E. 4, BGer 2C_940/2010 vom 17. Mai 2011 E. 4.8 mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung, 2P.167/1999 vom
25. Mai 2000 E. 2a). Im Übrigen haben auch Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit den Voraussetzungen von Art. 36 BV zu genügen. Der von der Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner verfügte Entzug der Taxibetriebsbewilligung muss sich auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage stützen (dazu nachfolgend Erwägung 4.2), durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt (dazu nachfolgend Erwägung 4.3) und verhältnismässig sein (dazu nachfolgend Erwägung 4.4).
Die Anforderungen an die wirtschaftlichen Verhältnisse des Taxibetreibers sind in einem von der Exekutive der Beschwerdeführerin erlassenen Vollzugsreglement
geregelt. Da es sich bei der Bewilligungspflicht um einen schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit handelt, sind entsprechend Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV die Bewilligungspflicht als solche und die Anforderungen für die Erteilung der Bewilligung in ihren Grundzügen in einem formellen Gesetz vorzusehen. Das Gesetz darf die nähere Ausgestaltung einer nachgeordneten Instanz überlassen (vgl. BGE 125 I 322 E. 3b). Ein kommunaler Erlass ist einem formellen Gesetz gleichgestellt, wenn er von der nach dem kantonalen Recht ermächtigten Gemeindelegislative (Gemeindeversammlung Gemeindeparlament) beschlossen wurde aber dem (obligatorischen fakultativen) Referendum unterstand (vgl. für polizeilich begründete Eingriffe in die Meinungsfreiheit BGer 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5.4; für das Abgaberecht beispielsweise BGer 2C_365/2012 vom 11. Februar 2013 E. 5.1 mit Hinweis auf BGE 120 Ia 265 E. 2a; für Quoten und Kontingente für Zweitwohnungen BGE 135 I 233 E. 2.1). Dass das vom Grossen Gemeinderat (seit 1. Januar 2005: Stadtparlament) unter dem Vorbehalt des fakultativen Referendums erlassene Taxireglement, welches als Voraussetzung für die Erteilung einer Taxibetriebsbewilligung unter anderem die Gewähr für eine vorschriftsgemässe Geschäftsführung verlangt, zusammen mit der Konkretisierung im Vollzugsreglement des Stadtrates, wonach die Gewähr nicht bietet, wer in den letzten fünf Jahren in Konkurs geraten fruchtlos gepfändet worden ist, diesen Anforderungen genügt, ist zu Recht unbestritten.
Als zulässiges öffentliches Interesse zur Rechtfertigung eines Eingriffes in die Wirtschaftsfreiheit gelten insbesondere die öffentliche Sicherheit sowie Treu und Glauben im Geschäftsverkehr (vgl. anstelle vieler BGE 125 I 335 E. 2a). Da der Taxi- Service in seiner Funktion und seiner Bedeutung einem öffentlichen Dienst sehr nahe steht, ist die Bewilligungspflicht ein angemessenes Mittel, um eine wirksame gewerbepolizeiliche Aufsicht durchführen zu können (vgl. BGE 99 Ia 389 E. 3). Daran ändert nichts, dass mit internetbasierten Angeboten zum entgeltlichen individuellen Personentransport die Bewilligungspflicht für die Taxihalter missachtet umgangen wird. Ob das Interesse an der öffentlichen Sicherheit und insbesondere an der Gewährleistung von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr es rechtfertigt, die Bewilligung zum Betrieb von Taxis davon abhängig zu machen, dass der Betreiber nicht in Konkurs gefallen fruchtlos gepfändet worden ist, ist Gegenstand der Prüfung der Verhältnismässigkeit.
Inwieweit die öffentliche Sicherheit durch Taxibetreiber, welche in Konkurs gefallen fruchtlos gepfändet worden sind, bedroht sein sollte, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt. Zu prüfen ist, ob diese Voraussetzung zum Schutz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr geeignet (dazu nachfolgend Erwägung 4.4.1) und erforderlich ist (dazu nachfolgend Erwägung 4.4.2).
Der Taxihalter steht in vielfachen wirtschaftlichen Beziehungen, insbesondere zu Angestellten, Lieferanten und zum Gemeinwesen sowie – in erster Linie – zu den Taxibenützern. Angestellte und Lieferanten tragen – wie jeder andere Arbeitnehmer und Lieferant in anderen Branchen auch – das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers und Geschäftspartners. Diesbezüglich bezweckt die Voraussetzung einen sozialpolitischen und gewerbepolizeilichen Schutz, der in anderen Branchen nicht gewährt wird. Vergleichbares gilt für das Verhältnis des Taxibetreibers zum Gemeinwesen, dem er für die Ausübung der Tätigkeit Gebühren schuldet (vgl. Gebührentarif betreffend das Taxiwesen, sRS 713.112). Das Inkassorisiko des Fiskus für Gebühren bedarf gegenüber Taxibetreibern keines besonderen Schutzes.
Der von der Beschwerdeführerin mit der Regelung beabsichtigte Schutz der Kundinnen und Kunden im gewerblichen individuellen Personentransport vor finanzieller Übervorteilung müsste in erster Linie beim Taxifahrer anknüpfen. Dieser entscheidet über die Route und damit über den Fahrpreis und wickelt die Zahlung mit dem Kunden ab. Hängt sein Lohn – auch – vom erzielten Umsatz ab, besteht auch beim Taxifahrer, der selbst nicht über die Betriebsbewilligung verfügt, die Gefahr, dass er den Fahrgast übervorteilt. Diese Bewilligung müsste die Beschwerdeführerin – was sie im Übrigen selbst nicht bestreitet – dem Beschwerdegegner allerdings erteilen. Die Konkretisierung der Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung des Taxifahrers in Art. 6bis Vollzugsreglement enthält keine Anforderungen hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse. Wer auf Stadtgebiet als Fahrer eines Taxis tätig sein will, benötigt gemäss Art. 13 Abs. 1 Taxireglement eine Fahrbewilligung. Deren Erteilung setzt unter anderem voraus, dass der Bewerber Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung bietet (Art. 13bis Ingress und lit. b Taxireglement). Die Fahrbewilligung wird entzogen, wenn begründete Zweifel an der einwandfreien Berufsausübung bestehen (Art. 13ter Abs. 1 Taxireglement).
Auf die wirtschaftliche Beziehung zu den Taxibenützern wirkt der Taxihalter insofern ein, als er den Tarif festlegt. Verschiedene bestehende Regelungen bieten Schutz vor überhöhten Tarifen. Der Tarif ist im Wageninnern und mindestens auf der rechten Fahrzeugaussenseite in gut lesbarer Weise bekanntzugeben. Im Wageninnern müssen die Tarifansätze sowohl vom vorderen als auch vom hinteren Sitz des Wagens problemlos erkennbar sein. Mit der Aufschrift „Trinkgeld inbegriffen“ ist deutlich zu kennzeichnen, dass das Trinkgeld in der Fahrtaxe inbegriffen ist. Während der Fahrt muss der geschuldete Fahrpreis für Fahrgäste auf der Taxuhr jederzeit erkennbar sein (Art. 19 Taxireglement). Diese Vorschriften schliessen allerdings nicht aus, dass ein Taxihalter – insbesondere nachdem die Beschwerdeführerin den Schutz der Kunden vor unangemessenen Fahrpreisforderungen durch die Festlegung zulässiger Höchstansätze für Grund- und Fahrtaxen sowie Wartezeit und Transport mit dem Nachtrag I zum Taxireglement vom 19. September 2001 (cRS 2002 S. 27) aufgehoben hat – einen nicht mehr marktgerechten Tarif festlegt, den der Kunde unter Umständen nicht auf die Marktkonformität prüfen kann. Im Verhältnis zum Kunden ist auch die – von aussen nicht erkennbare und vom Kunden auch nicht zu überprüfende – Betriebssicherheit des Fahrzeugs wie beispielsweise das Reifenprofil von Belang. Die permanente Betriebssicherheit kann nicht allein mit den vorgeschriebenen Prüfungen durch die Motorfahrzeugkontrolle und polizeilichen Verkehrskontrollen garantiert werden.
Auch wenn Taxihalter, welche nicht in Konkurs gefallen fruchtlos gepfändet worden sind, unter Umständen zur Gewinnmaximierung ebenfalls bei der Betriebssicherheit des Fahrzeuges sparen überhöhte Tarife festlegen, ist die Voraussetzung, wie sie Art. 1c Ingress und lit. a Vollzugsverordnung vorsieht, geeignet, Treu und Glauben im Geschäftsverkehr zu schützen.
Den besonderen öffentlichen Interessen am Schutz der Kunden eines Taxibetreibers, der in Konkurs geraten fruchtlos gepfändet wurde, kann indessen auch Rechnung getragen werden, ohne dass ihm die Bewilligung entzogen wird. Er kann verpflichtet werden, den Behörden den von ihm festgesetzten Tarif bekannt zu geben und die eingesetzten Fahrzeuge regelmässig unter entsprechenden Gebühren polizeilich auf ihre Betriebssicherheit prüfen zu lassen. Die Beschwerdeführerin selbst hat mit dem Entzug der Betriebsbewilligung über lange Zeit zugewartet und schliesslich
einem allfälligen Rekurs gegen ihre Verfügung auch die aufschiebende Wirkung nicht entzogen. Sie ist damit davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdegegners nicht zu einer umgehend zu vermeidenden Gefährdung von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr und der Sicherheit der Kunden führt.
Dass die in Art. 5 Abs. 1 lit. c der Vollzugsverordnung zum Taxireglement vorgeschriebene Voraussetzung nicht mit einem überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt werden kann, zeigt auch ein Blick auf andere bewilligungspflichtige Berufstätigkeiten. Eine vergleichbare Regelung findet sich im kantonalen Recht – soweit ersichtlich – noch bei der Zulassung als Privatdetektiv (vgl. Art. 6 Abs. 2 Ingress und lit. d der Privatdetektivverordnung, sGS 451.13) und als Grund für den Entzug des Fähigkeitsausweises der Grundbuchverwalter (vgl. Art. 15 Abs. 1 Ingress und lit. b der
Verordnung über die Prüfung und den Fähigkeitsausweis der Grundbuchverwalter, sGS 914.45). Demgegenüber genügt selbst für die Zulassung zur Ausübung eines universitären Medizinalberufs gemäss Art. 36 des Bundesgesetzes über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz; SR 811.11, MedBG) unter dem Aspekt der persönlichen Voraussetzungen, dass der Gesuchsteller vertrauenswürdig ist, wobei die wirtschaftlichen Verhältnisse jedenfalls nicht unmittelbar von Belang sind (vgl. dazu B. Etter, Medizinalberufegesetz, Stämpflis Handkommentar, Bern 2006, N 9 zu Art. 36 MedBG; J.-F. Dumoulin, in: Ayer/Kieser/Poledna/Sprumont [Hrsg.], Medizinalberufegesetz, Kommentar, Basel 2009, N 23 ff. zu Art. 36 MedBG). Auch das Gastwirtschaftsgesetz (sGS 553.1) setzt für die Patenterteilung in Art. 7 Ingress und
lit. c die Gewähr für eine einwandfreie Betriebsführung voraus, konkretisiert aber den Begriff in Art. 8 nicht – jedenfalls nicht ausdrücklich – dahingehend, dass der Gesuchsteller nicht in Konkurs gefallen fruchtlos gepfändet worden sein darf.
Zusammenfassend ergibt sich deshalb, dass die Voraussetzung gemäss Art. 1c Ingress und lit. a des Vollzugsreglements zum Taxireglement der Beschwerdeführerin zur Erteilung einer Taxibetriebsbewilligung zu einem unzulässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Bewerber führt, weil der damit beabsichtigte Schutz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr auch mit milderen Massnahmen als mit einer Verweigerung der Bewilligung erreicht werden kann. Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet. Sie ist abzuweisen.
6. (…).
Demnach erkennt das Verwaltungsgericht zu Recht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 1‘500 werden der
Beschwerdeführerin auferlegt. Auf die Erhebung wird verzichtet.
Die Beschwerdeführerin entschädigt den Beschwerdegegner für das
Beschwerdeverfahren mit CHF 1‘560 zuzüglich Mehrwertsteuer.
Der Abteilungspräsident Der Gerichtsschreiber Zürn Scherrer
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